Wandteppich
wohl Umkreis Bauhaus
Leinenkette mit Wollschuss, handgewebt
B 124 cm, H 247 cm

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Der modern-geometrische Entwurf des Teppichs steht in Kontrast zu seiner traditionellen Herstellungsweise: Er wurde von Hand aus Wolle und Leinen gewebt. Zum Einsatz kam dabei eine aufwendige Technik, bei der die Schussfäden im Muster einzeln manuell verkreuzt und gewendet werden – ähnlich sind auch die Tapisserien der Frühen Neuzeit entstanden.

Entworfen wurde er zu einer Zeit, in der Textilien bei den Modernisten, unter ihnen Franz Marc, Wassily Kandinsky, Paul Klee und Marc Chagall, als anerkanntes Medium künstlerischen Ausdrucks galten. Während sich Künstler wie Sonia Delaunay in Paris mit Bekleidungsstoffen und Modeentwürfen auseinandersetzten, bildete sich in Deutschland ein Zentrum moderner Webkunst heraus, das sich auf Ausstattung von Architektur und Wohntextilien konzentrierte: Das Bauhaus. Unter der Prämisse Kunst und Handwerk zusammenzuführen, entstand hier eine Weberei-Werkstatt unter dem Formmeister Georg Muche. Zunächst war die Handwerksmeisterin Helene Börner Werksmeisterin, 1925 folgte dann Gunta Stölzl in Dessau, 1931 kommissarisch Anni Albers, die 1931 zunächst von Otti Berger, 1932 dann von Lilly Reich abgelöst wurde.

Entwurf und Fertigung kamen dabei meist aus einer Hand, die Schülerinnen wurden dazu angehalten sich auszuprobieren. Gunta Stölzl legte besonderes Augenmerk auf die Handweberei, auch Anni Albers, die sich intensiv mit traditionellen, auch außereuropäischen Webtechniken beschäftigte, sah die Handweberei als ersten wichtigen Schritt vor der maschinellen Produktion. Viele Schülerinnen, erprobten sich in diesen Techniken. Die wenigsten Werke sind signiert, die Schulsignatur in Form einer runden Aluminium-Marke wurde erst ab 1928 eingeführt. Dieses Datum fällt mit der Entwicklung vom Individual- zum Schulstil zusammen, der Name der Schule steht nun vor dem der einzelnen Künstler.
Ähnliche geometrische Motive wie die im vorliegenden Wandteppich finden sich versatzstückhaft in den Entwürfen vieler Bauhäusler, generell ist die kubistische Zergliederung und weitere Unterteilung der Recht- und Dreiecke ein typischen Element bauhäuslicher Textilentwürfe. Über die Jahre werden gerade bei den Teppichen und Wandteppichen großformatige geometrische Formen, wie sie noch im berühmten Teppich von Walther Gropius Direktorenzimmer, entworfen von Gertrud Arndt, von immer feingliedriger werdenden Entwürfen und geschwungenen Formen verdrängt. Neben diesen berühmten opulenten Bildwirkereien stehen aber die zurückgenommeneren, geometrisch-abstrakte Werke qualitativ nicht zurück. Insbesondere ein Wandteppich, den die Bauhaus-Schülerin Margarete Willers in den 1920ern entwarf und umsetzte und der sich heute im Metropolitan Museum of Art in New York befindet, ist als Vergleichsobjekt zu nennen. Die einzelnen Farbfelder sind ähnlich wie bei dem vorliegenden Wandteppich als Quadrate und Dreiecke angelegt, auch zeigen sie eine Farbvarianz, die mit dem des vorliegenden Wandteppichs durchaus vergleichbar ist.

Zweifelsfrei ist der selbstbewusste Entwurf des vorliegenden Wandteppichs von den abstrakten Pionierarbeiten der Künstler der Moderne beeinflusst. Bedenkt man die technische Umsetzung wie den Einfluss der Webwerkstatt ist davon auszugehen, dass die unbekannte Künstlerin auf gewisse Weise mit dem Bauhaus verbunden war.

Publiziert in: Raum für Objekte - Ariane Laue Kunsthandel, Kat. V - Nr. 21, München 2017