Vera Ikon
Süddeutsch ca. 1520
Kiefernholz, Lindenholz, teilweise bemalt
H 40 cm, B 30 cm



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Das vorliegende Kunstwerk ist eine beeindruckende Darstellung des Schleiers der Veronika, ein Beispiel eines Acheiropoieton - ein heiliges, nicht von Menschenhand geschaffenes Bild. Der Schleier der Veronika war ein gemeinsames religiöses Thema in den Kunstwerken des Mittelalters und der Renaissance und ist eines der wichtigsten und bekanntesten Beispiele einer Vera-Ikone. Dieser Begriff stammt aus dem griechischen Wort eikon und dem lateinischen Wort "vera", was "wahres Bild" bedeutet. Als Vera Ikon stellt der Schleier der Veronika angeblich einen echten Abdruck des Gesichts Jesu Christi von seinem Schweiß und Blut dar. Nach der christlichen Legende erhielt die heilige Veronika in Jerusalem auf wundersame Weise das wahre Bild Christi, als dieser auf der Via Dolorosa zum Kalvarienberg ging.
Das Tuch soll wundersame Eigenschaften gehabt haben, wie die Fähigkeit, Krankheiten zu heilen, und einige Versionen der Legende erzählen, dass es nach Rom gebracht wurde, um dem römischen Kaiser Tiberius überreicht zu werden.
Ein weiteres Beispiel für ein mit dem Schleier der Veronika eng verbundenes Vera Ikon ist das Mandylion, allgemein als das Bild von Edessa bekannt.  Das Mandylion ist ebenfalls ein Bild Christi, das "nicht von Menschenhand geschaffen" wurde und von König Abgar von Edessa in Nordsyrien empfangen wurde. Der König erhielt das Bild, als einer der Jünger Christi, Thaddäus von Edessa, ihn besuchte, als Antwort auf einen Brief, den der König ursprünglich an Christus geschrieben hatte und in dem er ihn bat, ihn von einer Krankheit zu heilen. Das Bild von Edessa gilt als die erste echte Ikone und wurde erstmals im 4. Jahrhundert von Eusebius von Cäsarea aufgezeichnet. Es ist eine wichtige heilige Reliquie in den orthodoxen Kirchen im Vergleich zum Schleier der Veronika, der sich am Ende des Mittelalters zu einer zentralen Ikone in der westlichen Kirche entwickelte. Diese wunderbaren Darstellungen Jesu dienten dazu, die irdische Gegenwart Christi zu bewahren und besaßen eine wichtige Funktion als Reliquie und Meditationsobjekt.

Solche Darstellungen des Schleiers der Veronika wurden aus verschiedenen Materialien wie Wachs, Holz und Pergament hergestellt und fanden sich häufig in Form von Wandfresken in Kirchen. In der westlichen Tradition wird dieses beliebte Motiv gewöhnlich mit dem vom Körper isolierten Haupt Christi auf einem Hintergrund dargestellt, der so gestaltet ist, dass er ein Tuch nachahmt, das "hängt", anstatt flach zu liegen. Christus wird gewöhnlich mit langem, gewelltem Haar dargestellt, wie es bei dem vorliegenden Kunstwerk der Fall ist.
Das Werk ist aus zwei Teilen aus verschiedenen Holzarten konstruiert, die zusammengesetzt wurden: Das Relief selbst besteht aus einem Stück Lindenholz, das teilweise bemalt und in ein Stück Fichtenholz eingesetzt wurde. Besonders hervorzuheben ist die ungewöhnliche Darstellung des Antlitz im Hochrelief, eine ausgesprochen rare Technik. Aufgrund der verwendeten Holzarten und der künstlerischen Form wird angenommen, dass dieses Kunstwerk um das Jahr 1520 in Süddeutschland entstanden ist. Eine ikonographisch vergleichbare Darstellung des Schleiers der Veronika von ca. 1419, wenn auch nicht im Hochrelief, findet sich im Museum und Galerie im Prediger in Schwäbisch Gmünd.

Publiziert in: Raum für Objekte - Ariane Laue Kunsthandel, Kat. IV - Nr. 34, München 2016