Modell Windmühle
Deutsch, Ende 18. Jahrhundert
Holz, Textil, Eisen
H 110 cm, D 70 cm

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Trotz ihrer beeindruckenden Raumwirkung und massiven Erscheinung ist dieses Modell einer Windmühle alles andere als statisch: Die mechanische Betätigung des Windrades setzt die Zahnräder und den Mahlstein der Getreidemühle hörbar in Bewegung. Anschaulich lässt sich die Kraftübertragung der Zahnräder bis zum Mühlstein nachvollziehen und die Funktionsweise der Maschine beobachten.

Der Aufbau und die didaktische Konzeption der allansichtig gestalteten Mühle belegt, dass sie als Lehrmittel diente und Teil einer Modellsammlung war. Vermittelt wurden mit ihrer Hilfe einfache physikalische Zusammenhänge und Grundlagen des Maschinenbaus, wie etwa die Funktionsweise von Zahnrädern, aber auch das komplexe Zusammenspiel aller Komponenten die nötig sind, um eine Kornmühle wirtschaftlich und ertragreich zu betreiben. Wie die berühmte und gut dokumentierte Modellsammlung aus Göttingen zeigt, wurden solche Modelle im 18. Jahrhundert unter anderem zur Unterweisung von Beamten im höheren Staatsdienst eingesetzt , die eine möglichst breite, umfassende Ausbildung erhalten sollten.  Kleinere historische Ausbesserungen und Gebrauchsspuren belegen, dass sie über längere Zeit funktional geschätzt und auch eingesetzt wurde. Aus ihrer Gestaltung und Fertigungsweise lässt sich schließen, dass sie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum entstanden ist.
Mehrere vergleichbare Modelle haben sich aus der Modellsammlung Göttingen erhalten. Auch in anderen wissenschaftlichen Sammlungen wie in der Kunst- und Naturalienkammer der Frankeschen Stiftungen zu Halle oder dem Historischen Museum in Hannover finden sich vergleichbare Objekte. Die einzigartige Sammlung der Modellkammer des Maximilianmuseums Augsburg besitzt eine frühe Wassermühle aus dem 17. Jahrhundert sowie ebenfalls mehrere mechanische und hydraulische Modelle aus dem 18. Jahrhundert, die in Konzeption und Konstruktion der vorliegenden Mühle gleichen.

Dass sie bis heute in diesem Zustand erhalten sind ist ein seltener glücklicher Umstand – im auslaufenden 19. Jahrhundert wurden die meisten Lehr- und Modellsammlungen aufgelöst und viele Modelle zerstört.
Dieses Modell musealer Qualität überzeugt nicht nur durch seine didaktischen Fähigkeiten und den außerordentlich guten und funktionstüchtigen Zustand: Form, Größe und Konstruktion verleihen ihnen eine ästhetische Eigenständigkeit und über der reinen Funktion stehende, harmonische Präsenz im Raum.

Publiziert in: Raum für Objekte - Ariane Laue Kunsthandel, Kat. V - Nr. 5, München 2017