Figurengruppe „Krishnanagar“
Indien um 1880
16 Tonfiguren
Ton, farbig gefasst, Textil
H 13 - 25 cm

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Die hier vorliegende Figurengruppe, bestehend aus 16 Tonskulpturen, zeichnet sich durch ihre besonders hohe Qualität und liebevolle, naturalistische Gestaltung aus – sie scheinen wie aus dem Leben gegriffen. Heute finden sich Figuren vergleichbarer Qualität unter anderem in den Victoria Museums in Melbourne.
Sie sind in Krishnanagar, einer Stadt im Nadia Distrikt in West Bengal, Indien, entstanden, einem von drei indischen Zentren, in denen lebensnahe Figuren aus Ton hergestellt wurden (Stevenson 2009, Clay Modelling in India). Dabei zeichnen sich die westbengalischen Figuren nicht nur durch die Verwendung von echten Haaren und Textilien, sondern auch durch ihre Feinheit und detailgetreue Gestaltung aus (Stevenson 2009, Bengali Clay Modelling).

Besonders der Stadtteil Ghuri (auch Ghurni) in Krishnanagar war für die herausragende Qualität der dort hergestellten Figuren bekannt. Sie werden hier bis heute gefertigt, erreichten aber im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert einen künstlerischen Höhepunkt. In internationalen Ausstellungen in Indien, Australien und Europa angeboten wurden sie aufgrund ihrer faszinierenden Gestaltung, aber auch als Objekte ethnographischen Charakters gesammelt: „The use of clay figures as ethnographic representations and souvenirs was supplemented at many mid to late 19th century exhibitions by the use of living ethnographic exhibits, with exhibition organisers bringing out native 'craftsmen' to add to the authenticity (...)“ (Stevenson 2009, Clay Modelling in India).
Ihren Ursprung haben die Figuren in Werkstätten, die von höheren Kasten etabliert wurden um religiöse Figuren herzustellen. Von Ghuri wissen wir, dass der Maharadja von Krishnanagar im Jahr 1728 die Ansiedlung von Töpfereien inittierte (Stevenson 2009, Bengali Clay Modelling). Später wurde durch die Einführung von Barawari Puja, „Community Worship“ ein neuer, naturalistischer Stil gefördert (Stevenson 2009, Krishnanagar Clay Modelling).
Zur Herstellung der Figuren wird Ton, teilweise mit Baumwollfasern vermischt, über Draht modelliert und getrocknet, aber nicht gebrannt. Daraufhin werden die entstandenen Risse erneut ausgefüllt, im Anschluss bemalt, mit Haaren versehen und mit Stoffkleidung ausgestattet.

Die Fähigkeiten der westbengalischen Plastiker des 19. Jahrhunderts, von denen einige bis heute namentlich bekannt sind, zeigen sich auch in den von ihnen angefertigten Portraits. Beispielhaft dafür ist eine naturgetreue, beeindruckende Figur des bekannten Bildhauers Sri Ram Pal, die Raj Kissen darstellt und um 1840 geschaffen wurde. Sie befindet sich im Besitz des Peabody Essex Museums, Salem, Massachusetts und wurde kürzlich in der vielgelobten Ausstellung LIKE LIFE im Metropolitan Museum of Art in New York ausgestellt.

Publiziert in: Raum für Objekte - Ariane Laue Kunsthandel, Kat. VI - Nr. 13, München 2019