Modellturm
Frankreich 19. Jahrhundert
Holz
H 148 cm B 63 cm

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Das vorliegende, dreiteilige Architekturmodell zeichnet sich durch seine raumeinnehmende Wirkung und Ausstrahlung aus. Im Stil eines gotischen Turmes im 19. Jahrhundert in Frankreich entstanden, evoziert der Entwurf die berühmten Kathedralen der Epoche, entwickelt jedoch durch seine Schnitzarbeit und die dunkle-nuancierte Farbfassung des Holzes eine eigenständige Ästhetik.

Zusammengesetzt aus drei steckbaren, gut transportablen Einzelteilen, wird es durch den Aufbau zu einer ästhetischen Einheit. Das Modell ist nicht vollrund ausgeführt, die flache Rückseite verweist auf die ursprüngliche Aufstellung an der Wand eines Raumes – wahrscheinlich in einer Kirche. Möglich ist, dass es, ergänzt durch eine vierte Stufe, in der hinter einer verschlossenen Tür Sakramente verwahrt wurden, als Tabernakel Verwendung fand. In Form eines sogenannten Sakramentshauses dienten ähnliche Architekturen als Aufbewahrung des eucharistischen Leibs Christi, meist in Form konsekrierter Hostien. Die bedeutende Rolle, die der Reliqua sacramenti , den geweihten, aber nicht ausgegebenen Hostien in der römisch-katholischen Tradition zugesprochen wird, zeigt sich auch in Aufwand und Qualität der Sakramentshäuser, die teilweise eine beachtliche Größe erreichten.

Zudem erinnert das Modell an Architekturmodelle der Frühen Neuzeit: So erhebt sich beispielsweise Joos Metsys und Jan Beyaerts Modell der Westfront Sint-Pieter in Leuven, entstanden zwischen 1525 – 1530, als eines der größten Architekturmodelle ursprünglich rund 8 Meter in die Höhe. Es entstand nach einer großformatigen Entwurfszeichnung von Joos Metsys, damit die Arbeiter im Falle seines Todes genau wussten, wie weiter mit dem Bau fortzufahren wäre – und um die dreidimensionalen Strukturen besser zu veranschaulichen. Ob es nun als Tabernakel diente oder aber einen architektonischen Entwurf veranschaulichte: Heute steht das Modell selbst als Objekt im Vordergrund und bringt die faszinierende Ästhetik europäischer Gotik in den zeitgenössischen Raum.

Publiziert in: Raum für Objekte - Ariane Laue Kunsthandel, Kat. VI - Nr. 6, München 2019